Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wer es noch nicht dem Schild an der Ladentür entnommen hat, der hat es wahrscheinlich durch „Hörensagen” erfahren, dass die Bäckerei Kohlhaas am 31.01.2022 endgültig schließt und somit das letzte
Lebensmittelgeschäft in unserer Ortsgemeinde. Wir als Vertreter der Ortsgemeinde bedauern dies genauso wie viele unserer Bürger/-innen.
Sicherlich gibt es Spekulationen darüber, ob und wie es eventuell weitergeht, angefangen damit ob jemand das Geschäft weiterführt, ob es überhaupt nötig ist ein solches Geschäft in Unnau aufrechtzuerhalten und sicherlich auch letztlich über die Frage, ob die Ortsgemeinde sich mit dem Thema Lebensqualität, Zukunftsperspektiven, Nahversorgung und Strukturwandel auseinandersetzt.
Ja, das tun wir. Wir werden uns alle sicher sein, dass durch die Geschäftsaufgabe ein Stück Lebensqualität in unserer Ortsgemeinde verloren geht. Der Gemeinderat ist sich dieser Tatsache sehr bewusst und beschäftigt sich seit Beginn der aktuellen Amtsperiode mit dieser Thematik und vielen weiteren Fragen wie wir Unnau fit für die Zukunft machen können. So wurde Ende 2019 beschlossen, das aus dem Jahr 1991 bestehende Dorferneuerungskonzept fortzuschreiben und der Auftrag an das Büro RU-Plan aus Dreikirchen vergeben. Der Fortschreibung des Dorferneuerungskonzeptes ist die Dorfmoderation vorgeschaltet, deren Ergebnisse in das Dorferneuerungskonzept mit einfließen. Im Rahmen der Dorfmoderation ist die Nahversorgung ein großer Themenschwerpunkt, der sich genau mit den o. g. Fragen beschäftigt hätte und der Ortsgemeinde ein „Meinungsbild“ aus der Bürgerschaft zu dieser Thematik geliefert hätte.
Pandemiebedingt konnte die Auftaktveranstaltung zur Dorfmoderation bisher leider nicht durchgeführt werden, was wir sehr bedauern. Ungeachtet dessen hat sich der Gemeinderat in mehreren Sitzungen mit der Thematik „Nahversorgung“ im nichtöffentlichen Teil unter dem Tagesordnungspunkt „Projekte im Rahmen der Dorferneuerung“ beschäftigt.
So wurden seitens der Ortsgemeinde mit Ulrich Kohlhaas selbst Verhandlungen über einen Ankauf der Immobilie geführt und hierfür als Hilfestellung für die Ortsgemeinde als Kaufpreisfindung eine gutachterliche Stellungnahme des Gutachterausschusses des Vermessungs- und Katasteramtes Westerwald-Taunus eingeholt. Im Anschluss wurden intensive Gespräche mit der Kreisverwaltung Montabaur, Referat Dorferneuerung und der Kommunalaufsicht geführt, unter welchen Bedingungen ein Ankauf der Immobilie möglich ist und ob mögliche Fördergelder aus dem Topf „Dorferneuerung“ in Anspruch genommen werden können, um die anfallenden Kosten für den Erwerb und die anstehenden Renovierungsarbeiten möglichst erträglich für die Ortsgemeinde zu halten. Dies alles vor dem Hintergrund, dass unsere Ortsgemeinde ohnehin noch ca. 500 000 € Schulden hat und es sich bei einem Ankauf der Immobilie um eine sogenannte „freiwillige Aufgabe“ handelt, welche von der Kommunalaufsicht aufgrund der angespannten finanziellen Situation kritisch geprüft wird. Wie die geführten Gespräche ergeben haben, sind mögliche Fördergelder an hohe Voraussetzungen geknüpft, so setzen diese beispielsweise voraus, dass ein von der Ortsgemeinde geführter „Dorfladen“ keinen Gewinn erwirtschaften darf und von freiwilligen Bürgerinnen und Bürgern oder als Verein selbst betrieben werden muss. Dies sehen wir als enorme Herausforderung. Angesichts der hohen Anforderungen die das Berufsleben für jeden Einzelnen mit sich bringt und der Tatsache, dass sich bereits lange bestehende Vereine auflösen oder um Mitglieder kämpfen, machen wenig Mut für eine solch ehrenamtliche Durchführung.
Auch die mögliche Variante auf Fördergelder aufgrund der v. g. Ausführungen zu verzichten und die Immobilie zu erwerben und letztlich zum Zwecke der Grundversorgung an Dritte zu vermieten brachte keinen Erfolg, denn die mit den umliegenden Bäckereien geführten Gespräche liefen leider ins Leere wie auch der Versuch die Immobilie bei der Handwerkskammer zu bewerben.
Aufgrund all dieser Ausführungen und der auf die Ortsgemeinde zukommenden Erwerbs- und Sanierungskosten hat sich der Gemeinderat einstimmig gegen einen Ankauf der Immobilie entschieden und nach anderen Möglichkeiten gesucht die Nahversorgung in Unnau in anderer Form zu erhalten. In diesem Zusammenhang haben wir Gespräche mit verschiedenen Investoren und Biomarktketten als Vollversorger geführt und eigens hierfür in Erwägung gezogen Flächen zentral zwischen den Ortsteilen zur Bebauung für solche Märkte freizugeben, doch leider war für die in Rede stehenden Biomarktketten der Standort Unnau nicht interessant.
Darüber hinaus haben wir uns mit der Errichtung eines mobilen Marktes beschäftigt, wie dieser beispielsweise dienstags in Bad Marienberg angeboten wird und aus diesem Grund mit mehreren Gemeinden sowohl aus der VG Bad Marienberg, als auch zu Gemeinden aus benachbarten Verbandsgemeinden über deren Erfahrungen gesprochen und um Kontaktdaten gebeten um mit einzelnen Marktständen in Kontakt zu treten. Leider führte auch dieser Versuch bislang nicht zum gewünschten Ziel, da die Marktbetreiber bereits feste Wochentermine haben oder mittelfristig ihr Geschäft mangels Nachfrage aufgeben möchten.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich hoffe meine Ausführungen haben Ihnen gezeigt, dass wir als Ortsgemeinde die Thematik „Nahversorgung” ernst nehmen und wie sehr wir uns in dieser Angelegenheit bemüht haben und auch weiterhin bemühen werden. Wie uns andere Ortsgemeinden, die z. B. einen Dorfladen oder mobilen Markt betreiben, berichten, wird es auch dort immer schwieriger Freiwillige zu finden, die in regelmäßigen Abständen und dauerhaft dazu bereit sind, ihren Dienst ehrenamtlich einzubringen, was ein von der Ortsgemeinde geführter Laden jedoch voraussetzt. Dennoch möchten wir dieser Idee auch in Unnau eine Chance geben. In den nächsten Wochen wird es hierzu ein Fragebogen geben, wir möchten gerne erfahren wie wichtig das Thema „Nahversorgung” für Sie als Unnauer/-innen ist und wer bereit ist regelmäßig und dauerhaft seinen Dienst ehrenamtlich für einen von der Ortsgemeinde betriebenen Laden zur Verfügung zu stellen. Alles Weitere werden wir hierzu in den nächsten Ausgaben des Wäller Blättchens ausführen.
Ortsbürgermeisterin Iris Wagner und der Gemeinderat